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Aus der Heftserie "Zwei Munitionsfabriken im Wolfratsauser Forst


Heft 7.2 "Planung und Bau"


Akribische Geschichtsforschung



Der Dritte im Bunde hat es leider nicht mehr erlebt: Im August 2016, mitten in der Arbeit am zweiten Heft der achtteiligen Serie „Zwei Munitionsfabriken im Wolfratshauser Forst“ des Arbeitskreises Historisches Geretsried (AHG), starb Franz Rudolf mit 73 Jahren.


Geretsried – So mussten die Autoren Gerhard Aumüller und Walter Holzer ihr Werk am Montagabend ohne ihn vorstellen. Mit einem kurzen Film, der Rudolf bei der Arbeit zeigte, erinnerte der AHG an seinen fleißigen Mitstreiter. Dr. Wolfgang Pintgen, Sprecher des Arbeitskreises, freute sich über die volle Aula im Gymnasium. Die Technikgruppe der zehnten Klassen sorgte für eine optimale Bild- und Tonqualität. „Das, was wir schätzen, ist einmalig“, sagte Pintgen in seiner Begrüßung. Geretsried, die heute größte Stadt im Landkreis, sei einfach anders – und dies in jeder Beziehung. Für die stete Unterstützung durch die Stadt bedankte sich Pintgen mit einer DVD eines „illegal“ gedrehten Films über den Bau der damaligen Werkbahn. In Vertretung des verhinderten Bürgermeisters nahm Anita Zwicknagl vom Kulturamt das Geschenk entgegen und sprach ein kurzes Grußwort.


Aumüller: „Je mehr wir uns mit dem Thema beschäftigen, umso mehr Scham überkam uns“


Autor Gerhard Aumüller trat als erster ans Mikrofon und schilderte anschaulich die Frühgeschichte der Dynamit Aktiengesellschaft (DAG) und der Deutschen Sprengchemie (DSC). „Je mehr wir uns mit dem Thema beschäftigten, umso mehr Scham überkam uns“, gestand Aumüller. Er, Holzer und Rudolf sind keine „gelernten“ Historiker. Doch was sie an Schätzen in den Archiven gefunden und akribisch geordnet haben, kann sich mehr als sehen lassen. Alle Namen, Daten und Fakten sind präzise recherchiert, wenngleich man sich heute unter der Bausumme von 182 Millionen Reichsmark recht wenig vorstellen kann. Die „Schokoladenfabrik“, wie die Werke zur Tarnung genannt wurden, war eine von 30 derartigen Produktionsanlagen für Sprengstoffe und Munition im Dritten Reich. Mit Planung und Bau wurde 1935/36 begonnen, „und gebaut wurde praktisch bis Kriegsende“, so Aumüller.


Pläne und Fotos lassen eine Welt entstehen, die fern und doch so nah ist


Der Hobbyhistoriker ging auf die Grundstücksbeschaffung ebenso ein wie auf den Bau der Werkbahn von Wolfratshausen nach Geretsried. Er schilderte auch die Errichtung der Lager Stein, Buchberg und Föhrenwald. Anhand von Plänen und Fotos entstand eine Welt, die fern und doch auch so nah ist: Wer wusste vorher schon, dass es in Gelting ein Entbindungs- und Kinderheim für die Fremdarbeiterinnen gab?


Lokale Geschichtsforschung bei engagierten Laien hervorragend aufgehoben


Im zweiten Teil ging Walter Holzer auf die Anlagen der DSC ein, die in acht Bereichen 300 Gebäude umfasste. „Wie bei der DAG wurde auch hier bis zum letzten Kriegstag gearbeitet.“ Auch Holzer erklärte alle wesentlichen Bereiche wie Wasser- und Energierversorgung, Verwaltung und Wohlfahrt, wobei immer wieder auf die Details im gut 100 Seiten starken Heft 7.2 verwiesen wurde. Es zeichnet sich durch leichte Lesbarkeit und Verständlichkeit aus. Zum Beispiel ist ein umfängliches Glossar wesentlicher Abkürzungen und Fachbegriffe vorangestellt. Auch eine knappe Inhaltsangabe des ersten Hefts 7.1 fehlt nicht.

Die Geretsrieder Hefte sind ein weiterer Beleg dafür, dass lokale Geschichtsforschung bei engagierten Laien hervorragend aufgehoben ist. Diese Menschen erkennen, dass die Wunden in der Stadt noch sichtbar sind und auch schmerzen. Sie sind ein leuchtendes Beispiel dafür, dass nur das Erinnern hilft, künftige Gefahren abzuwenden. Im November erscheint bereits das nächste Heft. Es beschäftigt sich mit der Wohn- und Lebenssituation der Arbeiter in den Lagern und den beiden Munitionsfabriken.


Das Geretsrieder Heft 7.2

über Planung und Bau der „Zwei Munitionsfabriken im Wolfratshauser Forst“ ist direkt über diese Internetseite, im Rathaus und im Museum erhältlich. Außerdem wird es in den drei Sparkasse-Filialen in Geretsried verkauft, in der Osiander-Filiale und Bürobedarf Schroeter.


Von Dieter Klug

Merkur-Online aktualisiert am 22.03.17 12:06


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